Nachhaltige Versicherungen: Wie grün ist die Branche?

Jahr für Jahr wird uns immer stärker verdeutlicht, welche gravierenden Auswirkungen der kommende Klimawandel auf unser aller Leben haben wird. Nachhaltiges Wirtschaften wird somit immer bedeutender. Kaum ein Branche steht mehr für langfristige Ausrichtung und Absicherung als die Versicherungsbranche. Umso mehr dürfte man davon ausgehen, dass Nachhaltigkeit hier großgeschrieben wird. Doch wie sieht das in der Realität aus? Wie steht es um Umweltbewusstsein und Klimaorientierung von Versicherungen in Deutschland? Im Auftrag von €uro am Sonntag ist das SWI dieser Frage nachgegangen.


Die Bankbranche stand im Mittelpunkt des ersten Teils unserer Studien zur Nachhaltigkeit der größten Finanzbranchen in Deutschland. Im zweiten beschäftigen wir uns mit Versicherungen.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt Anfang des Jahres höchstrichterlich klar, was vielen Menschen (vor allem jungen) schon länger bewusst ist. Dass es nicht rechtens ist, in dem Maße auf Kosten zukünftiger Generation zu leben, wie wir es derzeit praktizieren.

Leider wurde der Begriff der Nachhaltigkeit, der dazu geeignet ist dieses Verhalten anzuprangern, in den letzten Jahren immer stärker verwischt. Mehr und mehr Bedeutungen wurden hinzugefügt, damit auch jeder von sich behaupten konnte, nachhaltig zu sein.

Die Zeit ist gekommen, das übliches Stakkato von nichtssagenden Slogans und inhaltsleeren Zielvorgaben zu beenden und damit anzufangen, dass die Unternehmen ihrer zentralen Rolle in der Gesellschaft gerecht werden. Es ist Zeit den Begriff der Nachhaltigkeit wieder zu seiner Umweltbezogenheit zurückzuführen und sich der Verantwortung gegenüber dem kommenden Klimawandel zu stellen.

Eine Branche, bei der eine langfristige Strategie schon immer Voraussetzung für erfolgreiches Wirtschaften war, ist die Versicherungsbranche. Umso mehr dürfte man davon ausgehen, dass Nachhaltigkeit hier großgeschrieben wird. Doch wie sieht das in der Realität aus? Wie steht es um Umweltbewusstsein und Klimaorientierung von Versicherungen?

Das SWI und das Finanzmagazins €uro am Sonntag haben sich deswegen der Sache angenommen und die Versicherungsbranche in Deutschland auf ihre Einstellung und Bemühungen zur ökologischen Nachhaltigkeit untersucht.

Die Studie unterscheidet zwischen zwei Teilbereichen. Im Ersten werden die Geschäftsberichte der Unternehmen auf verschiedene Aspekte von Nachhaltigkeit geprüft. Im Zweiten wird ein Auge auf die Fonds in den Fondspolicen der Versicherer geworfen.

Diese Unterscheidung ist wichtig, denn der Einfluss von Unternehmen solcher Größenordnungen geht meist über den eigenen Dunstkreis hinaus. So kann z. B. selbst ein klimaneutral geführtes Unternehmen mit dem Kauf von nicht nachhaltigen Fonds großen Schaden verursachen. Zeitgleich ist ein nachhaltiges Portfolio nicht ausreichend, wenn der eigene Ökostromanteil bei nur wenigen Prozenten liegt. Es Bedarf einer umfassenden strategischen Ausrichtung, um solche Unternehmen ökologisch nachhaltig auszurichten.

Bestplatzierter Versicherer ist die Allianz Group. Das Unternehmen war in beinahe allen Kategorien auf den vorderen Plätzen zu finden, erreichte so in beiden Teilbereichen die Spitzenpunktzahl und verdiente sich so als einziger Versicherer der Studie die Bewertung „Exzellent“. Bei der Beurteilung der Geschäftsberichte beeindruckte vor allem die hohe Transparenz und Detailtreue der Informationen zur nachhaltigen Kapitalanlagepolitik. Die nachhaltige Ausrichtung des Versicherers zeigte sich auch bei den Fonds in den Fondspolicen. Das Fondportfolio der Allianz hatte den drittbesten Mittelwert im Test, wobei die zwei Unternehmen mit besseren Mittelwerten beide deutlich kleinere Portfolios managen.

Platz zwei belegt mit dem Münchener Verein ebenfalls ein Versicherer aus der bayrischen Landeshauptstadt. Die über 100 Fonds, die der Versicherer in ihren Fondspolicen anbietet, sind überdurchschnittlich nachhaltig. Noch besser schnitt der Versicherer bei der Betrachtung der Geschäftsberichte ab. Hier erreichte das Unternehmen die drittbesten Punktzahl. Zu einem besseren Ergebnis reichte es nicht aufgrund der fehlenden Angabe zu den C02-Emissionen des Unternehmens.

Drittnachhaltigster Versicherer ist die Helvetia. Die Ergebnisse des Unternehmens in den Teilbereichen hätten kaum unterschiedlicher sein können. In der Bewertung der Geschäftsberichte liegt die Helvetia auf einem geteilten ersten Platz und wurde ebenso wie die Allianz ausdrücklich von Dr. Zielke für den transparenten und detaillierten Bericht zur Kapitalanlagenpolitik gelobt. Das gemittelte Eco-Rating der Fonds liegt dafür trotz eines vergleichbar kleinen Portfolios unter dem Branchenschnitt und verdiente sich so den 21. von 25 Plätzen.

Im Gesamtbild lässt sich subsummieren, dass die Beurteilung der Geschäftsberichte deutlich negativer ausfiel als die Beurteilung der Fonds. Im Geschäftsbetrieb der Unternehmen zeigten sich in nahezu allen Bereichen eklatante Schwächen.

Während wenigstens die Mehrzahl der Versicherer einen oder mehrere Zuständige für das Thema Nachhaltigkeit angeben konnten, waren Bemühungen, den eigenen CO2-Ausstoss zu senken, wesentlich seltener vorhanden. Dies zeigte sich dann folgerichtig in der Beurteilung des CO2-Ausstosses. In diesem Bereich holten die Versicherer die wenigsten Punkte. Nur ein einziger Versicherer erreichte hier die Höchstpunktzahl – die Württembergische.

Ähnlich mager fiel die Bilanz beim Anteil an Ökostrom und der Betrachtung der Kapitalanlagen aus. Eine konkrete, mit Zahlen belegte Strategie für eine nachhaltige Kapitalanlagepolitik war nur bei knapp einem Drittel der Versicherer zu finden.

Falls Sie Fragen oder Interesse an der gesamten Studie haben, kontaktieren Sie gerne den Studienleiter Tim Härle per Mail. Die Studie ist für eine Schutzgebühr in Höhe von 350 Euro (netto) erhältlich.